Beigeschmack der Freiheit
von Nikolas Tsamourtzis

Wir sind endlich frei: Masken, 3G, 3G+, 2G und 2G+ gehören der Vergangenheit an. Doch was nun?

So haben sich wohl die wenigsten von uns das Ende der Pandemie vorgestellt. Hätte jemand im Mai letzten Jahres gesagt, dass wir uns bei täglichen Infektionszahlen im teilweise mittleren sechsstelligen Bereich und rund 300 Todesfällen pro Tag von fast allen Maßnahmen verabschieden würden, hätten wir diese Person wahrscheinlich für verrückt erklärt. Denn irgendwie erscheint alles ein wenig paradox: Wir stecken noch ziemlich tief in der vierten Welle – oder war es jetzt doch schon die Fünfte? – und zeitgleich wird munter alles, was uns die letzten Jahre über begleitet hat, beendet: Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Isolation und Testpflicht gehören größtenteils genauso der Vergangenheit an wie die Pooltestungen in Schulen und Kindergärten sowie die geplante Impfpflicht. Letztere ist unlängst krachend im Bundestag gescheitert.

Natürlich wünschen wir uns alle das Ende der Pandemie, allen voran die Gastronomie und der Einzelhandel. Die beiden Branchen, die ihr Geschäft in den letzten Jahren immerhin zumindest teilweise weiterführen konnten, haben wohl besonders unter den sich ständig ändernden Auflagen gelitten. Angefangen bei den Lockdowns über Kontaktnachverfolgung bis hin zu Zugangsbeschränkungen – es gab viele Maßnahmen, die gerade für kleinere Betriebe weit mehr waren als nur „ärgerlich“. Denn viel zu oft unterschritten die zugelassenen maximalen Gastzahlen die in den Kalkulationen errechneten Minimalauslastungen. „Maskenmuffel“ und Personen mit gefälschten Impfnachweisen machten es dem Personal in beiden Branchen darüber hinaus nicht gerade einfach, ihre Arbeit konfliktfrei zu verrichten.

Daher ist das Aufatmen – nicht nur in diesen beiden Branchen – groß. Sofern sich jetzt nicht doch noch irgendeine neue Variante das Licht der Welt erblickt, um uns in die Suppe zu spucken, ist der Weg in die endemische Lage in Deutschland zwar noch etwas steinig, aber nicht mehr allzu weit.

Leider ist es jedoch nicht überall auf der Welt bereits soweit: China, das weiterhin immer noch auf eine Null-Covid-Strategie setzt, hat gerade stark mit Omikron zu kämpfen, genauso wie auch Taiwan, Hongkong und Singapur. Daher sind Probleme bei den Lieferketten immer noch ein Thema. Insbesondere Halbleiter bleiben knapp. Darunter leiden aber nicht nur Elektronikhersteller, sondern eben auch die in Deutschland immer noch alles andere als unwichtige Autobranche. In diversen Fabriken läuft die Produktion auf Sparflamme oder wurde komplett zurückgefahren, weil einige Bauteile schlicht nicht lieferbar sind. So muss so manches Autohaus derzeit vor allem auf den An- und Verkauf von Gebrauchtwagen setzen, da die Nachfrage nach einem eigenen fahrbaren Untersatz wieder anzieht. Nicht zuletzt auch deswegen, weil wir nun alle wieder eigenverantwortlich den Infektionsschutz in die Hand nehmen müssen und die eine oder der andere ein eigenes Auto dem Gedränge im öffentlichen Nahverkehr vorziehen dürfte.

Angehörige von vulnerablen Gruppen und deren Familien dürften den politisch herbeigeführten Kontrollverlust über den Umgang mit der Pandemie jedenfalls alles andere als angenehm empfinden. Denn es bleibt noch abzuwarten, wie sehr die nun nicht mehr „gegängelten“ Maskenmuffel die freie Entscheidung all jener, die weiterhin mit dem von ihnen gehassten Stück Stoff im Gesicht herumlaufen wollen, um sich zu schützen, respektieren werden. 

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